Lebensmittel

Enzyme in der Lebensmittelverarbeitung


Bis Ende des 19. Jahrhunderts gelangten landwirtschaftliche Rohprodukte mehr oder minder direkt zum Verbraucher; er bereitete diese Erzeugnisse selbst zu. Nur ein kleiner Teil der landwirtschaftlichen Erzeugnisse wurden handwerklich verarbeitet. Heute dagegen kommt nur ein kleiner Teil der Rohwaren direkt zum Verbraucher, in der Regel frisches Obst und Gemüse. Der größte Teil wird in einer gewerblichen/industriellen Fertigung als Verarbeitungsprodukt an Verbraucher weitergegeben. Im Vordergrund stand/steht das Bestreben, Haltbarkeit und Lagerungsfähigkeit der Produkte zu verbessern, sowie Qualität und sensorische Eigenschaften der Rohstoffe/der Produkte zu optimieren. Besonders für die Optimierung der Qualität sowie für erwünschte sensorische Veränderung von Rohprodukten und zur Gewinnung von Lebensmittel werden biotechnische Verfahren wie


●   die Fermentation mit Mikroorganismen (Milchsäurebakterien, Hefen, Pilze),

●   spezifische Umsetzungen von Lebensmittelinhaltsstoffen mit Enzymen


eingesetzt.


In nachfolgender Tabelle werden exemplarisch einige Enzyme und deren Einsatzgebiete in der Lebensmittelverarbeitung aufgezeigt. Nicht alle hier aufgelisteten Enzyme stammen aus gentechnisch veränderten Organismen bzw. Mikroorganismen, aber die meisten. In Backwaren, vor allem in Weizenbroten und Brötchen, verzögern Enzyme das Altbackenwerden und erhalten die Frische; im Mehl hydrolysieren sie den Kleber teilweise und machen ihn „weicher“; in der Käsegewinnung legen sie die Milch „dick“ und intensivieren den Käsegeschmack während der Reifung; in der Fleischsoßenherstellung hydrolysieren sie Proteine und vermitteln einen intensiveren Fleischgeschmack; in Süßspeisen hydrolysieren sie die Stärke und vermitteln ein besseres Mund- und Kaugefühl; in der Wein- und Fruchtsaftherstellung verbessern sie die Saftausbeute und erhöhen die Aromakomponenten; im Bier reduzieren sie den Kohlenhydratgehalt und erzeugen kalorienarme Biere für Erfrischungsgetränke; für Süßspeisen hydrolysieren sie Maisstärke und isomerisieren Glucose in Fructose; die süßere Fructose vermittelt den Erzeugnissen den „light“-Charakter. Neuere Anwendungen von Lebensmittelenzymen ist die Bereitstellung von Lactose-freien Lebensmitteln für Personen mit Lactoseintoleranz durch den Einsatz von Lactase oder die Reduzierung von Acrylamid in bestimmten Lebensmitteln durch den die Verwendung von Asparaginase. Vielleicht etwas zu Unrecht sind die sogenannten Klebeenzyme, wie Transglutaminase, Thrombin und Fibrinogen im Zusammenhang mit dem Verkleben von Fleischstückchen zu einem neuen kompakten Fleischstück Verruf geraten. Eine eigentliche Fleischkonsistenz könnte hiermit leicht vorgetäuscht werden. 

In der Lebensmittelverarbeitung stehen im europäischen Raum Peptidasen (Proteasen) und in den USA Gycosylasen (Carbohydrasen) zur Verzuckerung von Stärke im Vordergrund. Bezogen auf die Produktionsmengen stellt die Stärkeverzuckerung den größten Einsatzbereich für Lebensmittelenzyme dar. Mit Hilfe der Lebensmittelenzyme werden Glucose / Fructose-Sirupe ( HFC-Sirup – high-fructose-sirup), meist aus Maisstärke, gewonnen. 

 

In der Milchverarbeitung ist die aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen fermentativ gewonnene Labfermente „Chymosine“ die bekanntesten. Traditionell wird das Labferment aus dem Labmagen von Kälbern oder aus nicht gentechnisch veränderten Mikroorganismen als Labersatzstoff isoliert. Das Labferment dient bei der Käseherstellung zur Dicklegung der Milch. 


Im April 2020 veröffentlichte die Kommission eine Enzymliste ►“Register of food enzymes to be considered for inclusion in the Union List” mit Lebensmittelenzymen, die zur Eintragung in die Unionsliste bis 15.03.2015 zum eingereicht wurden. Die Liste enthält 298 Einträge. 136 Anträge beziehen sich auf Lebensmittelenzyme aus nicht gentechnisch veränderte Mikroorganismen, 127 Anträge auf Lebensmittelenzyme, die mit Hilfe von gentechnisch veränderter Mikro-Organismen gewonnen wurden, und 35 auf Lebensmittelenzyme aus Pflanzen oder Tieren.

Die Zahlen beziehen sich auf die eingetragenen Lebensmittelenzyme. Viele Enzyme sind sehr ähnlich und weisen eine gleiche oder ähnliche katalytische Aktivität auf. So beziehen sich z.B. allein 29 Anträge auf EC 3.2.1.1 alpha-Amylasen,  17 auf EC3.2.1.8 ß-Xylanasen oder 11 auf 3.4.23.4 auf Labenzyme.


Nachfolgend sind exemplarisch einige einige Amylasen aus unterschiedlichen Quellen und ihre Bewertung durch die EFSA aufgeführt .

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